Ölmarktthemen / Marktinfos / Hintergründe
Analysen und Prognosen zur Ölpreisentwicklung
Entwicklungen und Fakten
- Physische Knappheiten auf dem US Rohölmarkt! Das Hauptverteilungslager in Cushing ist nahezu leer gefahren.
- Die ansteigenden Ölpreise werden weltweit zu länger anhaltend überhöhten Inflationsraten führen. Das nimmt den Notenbanken die Möglichkeit mittelfristig an eine Leitzins-Rückstufung zu denken, was wiederum negative Folgen für die Weltkonjunktur mit sich bringt.
- Die Fundamentaldaten für den Ölsektor bleiben nach wie vor 'bullisch'. Nennenswerte 'bärische' Abwärtsfaktoren muss man suchen. Latent im Hintergrund bleibend bestehen natürlich Inflations- und Rezessionssorgen.
- Russland hat in diesem Jahr die Ölsanktionen des Westens weitgehend und erfolgreich umgehen können. Laut 'Financial Times' laufen fast drei Viertel seiner Ölexporte über die Seewege, und zwar auch ohne die westlichen Versicherungen. Insgesamt steigerte Russland seine Ölausfuhren gegenüber dem Vorjahr um +50%. Öl bleibt mit rund 15 Milliarden Dollar im Jahr die wichtigste Einnahmequelle für die Staatskassen.
- Die Öl- und Gas-Förderbranche hat die Förderinvestitionen für die Zukunft historisch tief heruntergefahren. Wurden im Jahr 2013 weltweit noch 900 Milliarden Dollar in die Öl- und Gasförderung investiert, so waren es in 2022 gerade mal noch 305 Mrd. Dollar. Kaum ein anderer Sektor ist derart unterinvestiert. Die großen Ölkonzerne können mit der neuen Knappheit gut leben und nutzen ihre Liquidität lieber für Aktienrückkäufe in großem Stil.
- Auf dem dem Treffen wichtiger Ölexortländer in Calgary in der dritten Septemberwoche deutete Saudi-Arabien an, dass man mit der jüngsten Ölpreisentwicklung sehr zufrieden sei. Der Opec-Leader kann sich vorstellen, mittelfristig wieder mehr Rohöl zu produzieren und anzubieten. Man will Preisschwinger dämpfen und Preisstabilität auf dem Rohölmarkt erwirken.
- Bei den Ölraffinerien beginnen die typischen Wartungswochen, auch mit Umstellungen auf die Winterprodukte. Das hält die Produktseite knapp.
- Laut Daten von Bloomberg ging der tägliche Ölausstoß Saudi-Arabiens im August um 170.000 Barrel zurück. Das entspricht genau dem Mengenanstieg von Seiten des Iran und Nigerias. Insgesamt lag die Ölproduktion der OPEC im August bei 27,82 Mio. Barrel pro Tag und um 40.000 B/T höher als im Vormonat.
- Der Iran hat seine Ölproduktion letzten Monat um +160.000 auf 3,2 Mio. Barrel am Tag gesteigert. Ende September mag der Iran sogar auf 3,4 Mio. B/T weiter steigern können.
- Der Irak verzeichnete im August seinen vierten monatlichen Produktionsanstieg in Folge, mit einer Leistung von 4,35 Mio. Barrel pro Tag. Der Anstieg ergab sich aus Produktionssteigerungen aus in der halbautonomen Region Kurdistan, obwohl die Exportpipeline zum türkischen Hafen Ceyhan weiterhin auf Stopp verblieb.
- Saudi-Arabien und Russland haben Ende August beschlossen, ihre Sonderdrosselungen beim Ölausstoß bis Dezember zu verlängern. Das löste an den Ölbörsen nach Verkündung eine Preisrally aus.
- Im Panamakanal herrscht wegen Dürre ein zu niedriger Wasserstand. Die jüngsten Beschränkungen für den täglichen Schiffsverkehr der immens wichtigen Wasserstraße limitieren die Anzahl der Tankerpassagen auf 32 pro Tag. Wahrscheinlich muss das noch stärker reduziert werden. Auch der Tiefgang der Schiffe (Lademengen) ist begrenzt. Die Limitierung der Passagen wird mindestens für zehn Monate bestehen bleiben, wird prognostiziert. Ein Riesenproblem für den Frachtverkehr USA/Asien.

Markteinschätzungen
- Die Öltrader auf der ganzen Welt müssen bei Ihren Ölkontrakt-Käufen im Herbst mit den höchsten Rohöl-Sortenprämien rechnen, die sie seit langem gesehen haben. Schwindende Vorräte am größten US Öllagerzentrum (in Cushing) verunsichern 'bullisch'. Das wirkt auch auf die asiatischen und europäischen Märkte durch. Gleichzeitig ist das Rohöl aus dem Nahen Osten sogar teurer als die Leitkontrakte von WTI und Brent.
- Sofern der Ölmarkt weiterhin ein Defizit aufweist oder den Eindruck macht, dass dies der Fall sein wird, gibt es keinen Grund, warum die Ölpreise nicht weiter steigen sollten, sagen viele Marktfachleute. Hedgefonds steigen mit Preisoptimismus vermehrt auf 'bullische' Wetten für höhere Ölpreise ein.
- Analysten von JP Morgan rechnen für das kommende Jahr mit Ölpreisen von 90 - 110 USD/B. Bis 2026 könnten in der Spitze sogar 150 USD/B erklettert werden, weil die weltweiten Investitionen in Erschließungs- und Förderanlagen absolut unzureichend sind.
- Die US Großbank Morgan Stanley hat ihre Ölpreisprognosen nach oben korrigiert. Deren Analysten sehen den Ölmarkt derzeit im Bereich von 1 Mio. Barrel am Tag als unterbedient. Dieses Defizit dürfte sich mit IV. Quartal noch auf 1,3 Mio. B/T ausweiten. Ihre Preisschätzung für die Brent Kontrakte passten sie auf 95 USD/B nach oben an, während andere Marktexperten diese noch etwas höher veranschlagen.
- Die Analysten von RBC Capitals halten einen Ölreisanstieg auf 100 Dollar je Barrel im Herbst für nicht abwegig. Auch die PNB Paribas sieht die 100-Dollar Marke in Reichweite.
- Auch die Investmentbank Goldman Sachs erwartet, dass die Rohölpreise mittelfristig auf 100 Dollar je Barrel klettern werden. Für 2024 wird dann aber ein deutliches Rohöl-Überangebot von 1,8 Mio. B/T im Jahresmittel erwartet.
- Ölmarktbalance? Auf dem Ölmarkt sieht es für das nächste halbe Jahr ausgesprochen angespannt aus. Angebotsengpässe stehen einer robusten Nachfrage gegenüber. Der Ölmarkt steuert damit auf das größte Defizit seit 2007 zu, mit einer Unterproduktion im dritten Quartal von etwa 580.000 Barrel am Tag und von 240.000 B/T im vierten Quartal.
- Laut Rystad Energy sind die anhaltenden Prognosen einer chronischen Unterinvestition bei der globalen Öl- und Gasindustrie wohl als übertrieben zu sehen. Die Milliardensummen, die in die Erschließung neuer Öl- und Gasfelder investiert werden, sind in den Kapitalbeträgen zwar rückläufig, aber Rystad Energy sieht darin eher keine Unterinvestition. Niedrigere Equipmentpreise sowie Effizienz- und Produktivitätssteigerungen haben die Effektivität in dieser Branche erheblich erhöht. Obwohl die Investitionen in den Beträgen zurückgegangen sind, bleiben Aktivität und Produktion auf dem Niveau von 2010 bis 2014, meint Rystad.
- Der Generalsekretär der OPEC gab bekannt, dass die weltweite Rohölnachfrage bis 2045 auf 110 Mio. Barrel/Tag ansteigen werde. Das entspräche einem Nachfrageanstieg von +8,5%. Die EIA prognostiziert, dass die Weltölnachfrage Anfang 2024 auf die Rekordmenge von 103,0 - 103,7 Mio. Barrel am Tag ansteigen wird. Das bisherige Rekordniveau lag bei 102,3 Mio. B/T.
- Laut dem IWF hat sich das globale Wachstum von +3,4% in 2022 auf etwa +2,9% in 2023 verlangsamt. Für 2024 rechnen die Ökonomen mit einem Wachstum von +2,1%. Insgesamt stellt der IWF eine recht hohe Widerstandsfähigkeit in zahlreichen Volkswirtschaften fest, so dass es nicht global zu einem Abrutschen eine umfassende Rezession kommen dürfte. Allerdings macht die holprige Wirtschaftsentwicklung Chinas weiterhin sorgen.

Russland: Ölembargo / Ölpreis-Deckel / Exportmengen
- Russland exportiert derweil wieder mehr Öl und streicht damit beste Einnahmen für die Staatskassen ein. Die russischen Ölexporte erreichten Anfang September ihre höchste Barrelanzahl seit Juli. In diesem Jahr hat Russland die Ölsanktionen des Westens weitgehend und erfolgreich umgehen können. Laut 'Financial Times' laufen fast drei Viertel seiner Ölexporte über die Seewege, und zwar auch ohne die westlichen Versicherungen. Insgesamt steigerte Russland seine Ölausfuhren gegenüber dem Vorjahr um +50%. Öl bleibt die wichtigste Einnahmequelle für Moskaus Staatshaushalt.
- Das Energieministerium in Moskau hat verkündet, dass die Ölexporte Russlands im 3. Quartal um insgesamt 15,5 Mio. Barrel reduziert werden, um die getroffenen Opec-Plus Beschlüsse für Russland von -500.000 B/T oder mehr umzusetzen. Hinter dieser Ankündigung ist allerdings ein Fragezeichen zu setzen.
- Die russische Währung, der Rubel, ist tief eingebrochen. Um die fortgesetzte Rubel-Abwertung zu stoppen werden hat Moskaus Zentralbank Notfallmaßnahmen ergriffen. Auch eine weitere beträchtliche Zinserhöhung ist für Mitte September sehr wahrscheinlich.
Indes ist die Inflationsrate in Russland zur Jahresmitte auf 4,3% zurückgegangen, gegenüber 15% Teuerungsrate vor einem Jahr.
- Ein gewisser Teil der russischen Ölexporte läuft inzwischen über die Arktisroute nach China. Diese Tankerroute ist eher kürzer als die vom Schwarzen Meer über den Suez-Kanal, den Indischen Ozean und den Nordpazifik nach China.
- Das Embargo der größten westlichen Industriestaaten gegen Russland hat zu einem Schwenk der Rohöllieferungen vorrangig nach Asien, vor allem nach Indien geführt. Viele asiatische Raffinerien kaufen große Mengen des preiswerteren russischen Rohöls. Russland hat seit dem Frühjahr Saudi-Arabien als Chinas größter Öllieferant überholt.

Chinas Wirtschaft und Ölbedarf
- Jüngste Wirtschaftsdaten Chinas überraschten positiv! Die chinesische Wirtschaft nahm zuletzt merklich Fahrt auf. Der sommerliche Reiseboom sowie ein kräftiges Konjunkturpaket Pekings haben die Fabrikproduktion und die Kaufneigung der Verbraucher angekurbelt. Die Zuwächse der Industrieproduktion und der Einzelhandelsumsätze stiegen im letzten Monat sprunghaft an und übertrafen die Erwartungen bei weitem. Dennoch kommt Chinas Konjunkturaufschwung aus dem Tief und steht ungesichert noch am Anfang.
- Zudem werden Chinas Schiffswerften mit einer Schwemme an neuen Bestellungen von LNG-Tankern regelrecht überzogen. In 2022 sollen dort 55 neue LNG-Großtanker gefertigt werden.
- Daten des chinesischen Nationalbüros für Statistik zeigen, dass der Mengendurchsatz der chinesischen Raffinerien Anfang August bei 14,9 Mio. Barrel am Tag lag. Das entspricht einem Anstieg von +17,4% gegenüber dem Vorjahresmonat und ist der dritthöchste jemals erreichte Wert. Eine starker Sommerreiseverkehr hält den Benzinnachfrage in China sehr hoch.
- China hat sich in letzter Zeit zum wichtigsten rückläufigen Marktfaktor entwickelt, was die Ölpreise unterschwellig belastet. Die Export- und Importzahlen vom Juli zeigen, dass Chinas Wirtschaft größte Schwierigkeiten hat, die Probleme nach der COVID-Krise zu überwinden.
- Die Exporte chinesischer Waren ins Ausland verzeichneten im Juli einen Rückgang von 14,5%. Das ist der stärkste monatliche Rückgang seit Februar 2020, wobei schwache Verbraucherausgaben und das Investitionswachstum und die Aussichten verschlechtern.
- Die chinesische Zentralbank hat Anfang August den Yuan auf einen sehr tiefen Wechselkurs-Stand gesetzt und versucht mittels der abgewerteten Währung seine Exporte anzukurbeln. In Anbetracht der deutlich nachlassenden Nachfrage seitens der USA könnten diese Maßnahmen jedoch nicht ausreichen.

IEA Monatsreport September
Monatsbericht der IEA (Internat. Energy Agency, Paris):
- Die IEA erwartet in ihrem September-Report, dass sich auf dem Ölweltmarkt im 4. Quartal ein "erhebliches" Angebotsdefizit einstellt. Weil Saudi-Arabien und Russland ihre zusätzlichen Ausstoßkürzungen bis zum Jahresende verlängert haben, rechnet die IEA in dem Zeitraum mit einer "erheblichen" Unterversorgung am Markt. Es werden sich die bereits tiefen Lagerbestände weiter reduzieren (bullisch).
- Die Ölproduktion der OPEC und ihrer Plus-Bündnispartner hat seit Anfang des Jahres um 2 Mio. B/T abgenommen. Ein stärkerer Rückgang wurde dadurch verhindert, dass die Ölexporte des Iran deutlich zugelegt haben. Die Ölproduktion außerhalb der OPEC+ nahm unterdessen um +1,9 Mio. B/T auf 50,5 Mio. B/T zu. Was die Mineralölprodukte betrifft, sieht die IEA Herausforderungen auf Seiten der Raffinerien die hohe Nachfrage zu bedienen. Besonders für die Mitteldestillate werden sicherlich Knappheiten auftreten.
- Ab Anfang 2024 mag sich dann aber wieder ein Überangebot auf dem Markt einstellen. Von niedrigen Lager- und Marktbeständen ausgehen mag dann die Preisvolatilität am Ölmarkt zunehmen. Das sei angesichts des fragilen wirtschaftlichen Umfeldes weder im Interesse der Produzenten noch der Verbraucher, warnt die IEA.

EIA Monatsreport September
Daten aus dem Sept.-Bericht der EIA (US Energieministerium):
[Die erhobenen Daten und Prognosezahlen in Mio. Barrel/Tag]
- Weltölverbrauch 2023: 101,0 · Zuwachs +1,8
Weltölverbrauch 2024: 102,3 · Zuwachs +1,4 - Weltölproduktion 2023: 101,2 · Zuwachs +1,2
Weltölproduktion 2024: 102,9 · Zuwachs +1,7 - Überhang Weltölversorgung 2023: 210.000 B/T
Überhang Weltölversorgung 2024: 550.000 B/T
Für 2024 prognostiziert die EIA die Rohölpreise für BRENT bei etwa 88 USD/B und für WTI bei etwa 82,- USD/B.
Insgesamt kann gesagt werden, dass das Unterangebot im zweiten Halbjahr '23 sich im kommenden Jahr in eine Überversorgung drehen wird.

US Ölmarkt
- Der DOE-Wochenreport für die 36. Berichtswoche war stark 'bärisch' ausgefallen, der für die 37. Woche dann wieder 'bullisch'.
- Für die USA und die Karibik erhöhen sich typisch für die Monate August bis Anfang November die Hurrikangefahren. Der Kategorie III Hurrikan Idalia hat Ende August für schwere Überschwemmung, vor allem an der Ostküste Floridas gesorgt. Auch der nachgefolgte Hurrikan 'Lee' verursachte von Geogia bis Maine und rauf nach Kanada für massive Staßenüberschwemmungen.
- Die Rohölproduktion der USA wurde zu September auf sehr hohe 12,9 Mio. B/T gesteigert. Für 2024 wird ein weiterer Zuwachs bei der Tagesförderleistung prognostiziert. Der Ölverbrauch der USA dürfte bis Mitte 2024 um 1 - 1,5 % auf 20,8 Mio. B/T zunehmen.
- In den USA sind die Investitionen der Schieferölproduzenten so schnell wie seit drei Jahren nicht mehr gestiegen. Laut Rystad Energy wurde im zweiten Quartal '23 investiert wie seit drei Jahren nicht mehr. Das zeigt sich bereits in den hohen 'onshore' Tagesfördermengen.
- In den USA hat Kalifornien die Genehmigung neuer Ölbohrprojekte komplett gestoppt. Die kalifornische 'Geologic Energy Management Division', die für die Erteilung von Bohr- und Fördergenehmigungen zuständige Behörde, hat in diesem Jahr bisher lediglich weniger als zehn Bohrprojekte zugelassen, obwohl etwa 1.400 Anträge auf eine Bohrgenehmigung vorliegen.
- Laut jüngsten Vorhaben soll die Ölförderung im Golf von Mexico in den nächsten drei Jahren um fast 20% steigen und bis 2025 von ihrem derzeitigen Niveau von 2,2 Mio. Barrel/T auf ein Allzeithoch von 2,6 Mio. B/T ansteigen. In diesem Jahr wurden bereits zwei neue Förderplattformen in Betrieb gestellt. Die 'Vito' Plattform von Shell mit 100.000 B/T und die 'Argos' Plattform von BP mit 140.000 B/T an offshore Ölförderkapazität. In den nächsten zwei Jahren werden zudem Förderanlagen von Whale, Anchor und Salamanca hinzukommen und die Produktion noch mal um 235.000 B/T erhöhen.
Projekte zur Kohlenstoffabscheidung und deren Tiefenspeicherung werden der nächste Schwerpunkt der Offshore-Entwicklungen im US-Golf von Mexiko sein.

OPEC-Monatsreport u. Strategie
- Die Rohölexporte Saudi-Arabiens verringerten sich im August sehr deutlich. Der Opec-Leader bemüht sich um Verknappung auf dem Weltmarkt, um die Ölpreise auf ein höheres Niveau zu hieven. Im letzten Monat gingen die saudischen Rohölausfuhren auf etwa 5,6 Mio. Barrel pro Tag zurück, dem niedrigsten Stand seit zweieinhalb Jahren! Im Juli hatten die Ölexporte noch bei 6,3 Mio. B/T gelegen.
Im Monat August ist der Ölausstoß der OPEC nahezu unverändert geblieben. Die Mehrmengen von Seiten des Iran und Nigerias wurden durch die Verringerung der Saudis glattgestellt. Für die Opec+ Gemeinschaft deutet Moskau eine Beibehaltung und Verlängerung der Minderliefermengen an.
Marktfachleute rechnen damit, dass Saudi-Arabien und Russland nächste Woche eine Verlängerung ihrer Produktions- und Exportkürzungen bekanntgeben werden. Auch künftig will die Öl-Allianz auf die Ölpreisentwicklung recht flexibel reagieren. Erst ab einem Preislevel von 90 Dollar je Barrel Rohöl ist es wahrscheinlich, dass die OPEC+ Gruppe die Mengendrosselungen schrittweise zurücknimmt.
- Mit den implementierten Förderkürzungen der OPEC+ gehen die meisten Analysten für den Herbst von einem klaren Angebotsdefizit auf dem Ölweltmarkt aus. Saudi-Arabien drosselt seit Juli seine Fördermengen um zusätzliche 1 Mio. B/T und hat damit seinen Ölausstoß auf nur noch 9,0 Mio. B/T heruntergefahren. Aus Riad heißt es, dass man in der Lage sei, diese Maßnahmen flexibel von Monat zu Monat zu verlängern oder anzupassen, sollte die Marktlage das erfordern. Letztlich dürfte auch Saudi-Arabien kein Interesse an überzogenen zu hohen Ölpreisen haben, denn ein großes Angebotsdefizit führe zu Preisübertreibungen und gefährden die globale Konjunkturlage. Das würde dann die Ölnachfrage abwürgen.
- Zahlen aus jüngstem OPEC-Monatsreport:
• Globales Ölangebot 2023: derzeit: 101,2 Mio. B/T
• Glob. Ölnachfrage Ø 2023: 102,0 Mio. B/T
• Globales Ölangebot 2024: 104,3 Mio. B/T
• Glob. Ölnachfrage Ø 2024: 103,4 Mio. B/T
- Langzeitausblick: Die OPEC prognostiziert, dass die weltweite Ölnachfrage bis 2043 auf 110 Mio. Barrel/Tag ansteigen wird. Das wäre ein Bedarfsanstieg von +8,5% in den nächsten zwei Jahrzehnten.

Ukraine-Krieg
- Die Ukraine erreicht mit Vorstößen erkennbare Fortschritte bei der Gegenoffensive. In der Oblask Saporischschja wurde eine russische Hauptverteidigungsline überwunden. Auch die Krim ist vermehrtes Ziel von Drohnenangriffen.
- Die Ukraine wird F16 Kampfjets erhalten. Seit langem will die Ukraine F16 Kampfflugzeuge, um sich effektiver verteidigen zu können. Dänemark und die Niederlande sichern jetzt die Lieferung von zunächst 42 Kampfjets zu.
- Kiew plant keine Verlängerung für das Gas-Transit-Abkommen mit Russland. Damit läuft dieser Vertrag Ende 2024 aus. Derzeit ist die Transit-Pipeline durch die Ukraine die einzige, die noch russisches Gas nach Europa transportiert.
- Russlands Ölexporte über die Schwarzmeerhäfen scheinen gefährdet: Die Ukraine hat in der zweiten Augustwoche mehrere Angriffe mittels kleiner Seedrohen erfolgreich durchgeführt. Dabei wurde auch ein Ölfrachter unweit eines russischen Seehafens getroffen. Das zeigt, dass hier für Russlands Ölausfuhren, die zum allergrößten Teil über das Schwarze Meer laufen, eine schwerlich abwendbare Gefahr entstanden ist. In mittelfristiger Auswirkung könnte das die gesamte Ölförderbranche Russlands durchwirkend treffen und die Staatseinnahmen massiv beschneiden.
- Russlands Rüstungsausgaben explodieren. Russlands Krieg zerstört nicht nur weite Teile der Ukraine und kostet Zehntausende Menschen das Leben. In den Staatskassen Moskaus führt Putins Krieg zu einem gewaltigen Loch. Die Ausgaben für die Rüstung machen inzwischen ein Drittel der russischen Staatsausgaben aus.
- Russland attackiert Ende Juli/Anfang August vor allen auch die ukrainischen Hafenstädte Odessa, Mykolajiw und Städte in der Donaumündung. Der Beschuss mit Raketen und Drohnen hält an. Mehrere riesige Getreide-Exportlager brannten aus. Es wurden dabei über 40.000 Tonnen(!) an Getreide vernichtet.
In Gegenschlägen trafen die Ukrainer mehrfach große Munitionslager der Russen, die in gewaltigen Explosionen aufgingen. Das schwächt die russische Munitionsverfügbarkeit erheblich.
- Der im Juni gesprengte Dnipro Staudamm in der Ukraine hatte zu einer Flutkatastrophe biblischen Ausmaßes geführt. Die Dammsprengung zeigt klar auf, wie Moskau tickt: Menschenleben zählen nicht. Umweltkatastrohen schon gar nicht, selbst wenn sie verheerend und irreparabel sind. Um das große Atomkraftwerk von Saporischschja muss man sich große Sorgen machen. Die Russan haben das Kühlbecken der gesamten Anlage vermint.
Berlin macht den russischen Präsidenten Putin für die Zerstörung des Kachowa-Staudamms in der Ukraine verantwortlich und bezeichnet gemeinsam mit anderen europäischen NATO-Mitgliedern die Zerstörung als "gewaltiges Kriegsverbrechen“. Es handelt sich um die größte von Menschen verursachte Katastrophe in Europa seit Jahrzehnten.

Geopolitik / Weltordung
- Eine "Getreide-NATO" könnte überzogenen Weltmarktpreise für Getreide beruhigen. Mit seiner Blockade ukrainischer Exporte hat Russland die globalen Getreidemärkte erschüttert. Die westliche Staaten könnten diesbezüglich ihre eigene Marktmacht bündeln und ein damit die Knappheiten in Afrika und Südamerika weitgehend ausgleichen. Das wäre ein starkes Signal.
1. August: Drei Getreidefrachter ignorieren die russische Schwarzmeer-Blockade. Mitte Juli hat Russland das Getreideabkommen mit der Ukraine abgekündigt und alle Frachter auf dem Schwarzen Meer zu potenziellen militärischen Zielen erklärt. Laut jüngsten Meldungen überwachen NATO-Flieger die Schiffe aus der Luft geleitend.
- G7-Vorschlag der Lieferketten-Partnerschaft:
Die starken Volkswirtschaften der westlichen Welt wollen eine neue Partnerschaft für Lieferketten ins Leben rufen. Diese soll auch anderen Nationen offenstehen. Für den Beitritt anderer Ländern werden aber Mindeststandards in Bezug auf Menschenrechte und Umweltpolitik verlangt werden. Die Übereinkunft der G7 ist weitgehend ausgearbeitet und soll auch Details zur Diversifizierung der Lieferketten enthalten. Noch in 2023 soll der Start des Gemeinschaftsvorhabens erfolgen.
- Taiwan:
Laut Statements aus Peking strebt China hinsichtlich Taiwan die "friedliche Vereinigung" an. Im anderen Fall werde man auch nicht vor einer militärischen Eskalation zurückschrecken. Diese Aussagen wurden wiederholt in Richtung Washington ausgesprochen.
- Chinas neuer Außenminister warnte zuletzt davor, dass die zunehmenden Spannungen zwischen den USA und China die Gefahr darstellen, dass sich die Spaltung zwischen den beiden größten Volkswirtschaften mehr und mehr vergrößert und verfestigt.
Washington sieht in China mittlerweile die größte Gefahr für die freie Weltordnung, weil Peking langfristig die Weltherrschaft seines Systems anstrebt und dies auch artikuliert hat: China sei das einzige Land, das sowohl die Absicht als auch die wirtschaftliche, militätische und technologische Macht hat, die Welt nach deren Ordung umzugestalten. Peking kündigt das unverholen als Ziel für Mitte des Jahrhunderts an. Washington will keinen neuen kalten Krieg, will diese beängstigende Entwicklung aber verhindern wo es nötig wird.
China unterstützt seinen politisch systemverbrüderten Partner, indem es russische Energieressourcen aufkauft und im Gegenzug Industriegüter und Technologiekomponenten zurückverkauft, um westliche Sanktionen in Teilen auszugleichen. Das wiederum wird China weiter in die gleiche Ecke drücken, in der sich Russland bereits wiederfindet.
Chinas Präsident Xi Jinping: „Westliche Länder – angeführt von den USA – haben eine vielseitige Eindämmung, Einkreisung und Unterdrückung gegen uns eingeführt, was die Entwicklung unseres Landes vor beispiellos schwere Herausforderungen stellt“.
China musste Russlands Invasion in der Ukraine nicht gutheißen. Es entschied sich aber dafür, einen globalen Paria zu unterstüzen. Nicht zuletzt wegen Eigeninteressen in Bezug auf eine angestrebte Einverleibung Taiwans.
- Peking bezeichnet die Beziehungen Chinas zu Russland als „ein neues Modell“ für die Welt. Dabei würden zwei Nationen nicht auf Konfrontation gehen. Diesbezüglich warnt Washington Peking davor, Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine zu unterstützen. Chinas Außenministerium betont, dass eine wichtige Erkenntnis aus dem Erfolg der chinesisch-russischen Beziehungen es sei, dass sich beide Staaten aus dem Modell der militärischen und politischen Bündnisse des Kalten Krieges herausheben. Man fühle sich verpflichtet, ein neues Modell internationaler Beziehungen zu entwickeln. China sei bereit, mit Russland zusammenzuarbeiten, um die Weltordnung „in eine gerechtere und vernünftigere Richtung“ zu bringen, heißt es offiziell aus Peking.
Aus Moskau heißt es: Russland unterstütze die "Ein-Land-Politik" Chinas und verurteilt die "westlichen Provokationen" dagegen als ungerechtfertigte Einmischung.

Wasserstoff / E-Fuels: Neue Projekte
- Die HH2E AG und die Schweizer MET Group haben ein Joint Venture für Entwicklung und Bau der bisher größten Produktionsanlagen für grünen Wasserstoff in Europa in Lubmin (Mecklenburg-Vorpommern) gestartet. Das Projekt soll in der ersten Ausbaustufe den Bau einer Power-to-X-Anlage der neuen Generation mit einer Kapazität von rund 6.000 Tonnen (200.000 MWh) grünem Wasserstoff pro Jahr ab 2025 umfassen. In Ausbaustufe 2 ist eine Leistung von über 1 GW ab 2023 geplant, wodurch mehr als 60.000 Tonnen grüner Wasserstoff pro Jahr produziert und über 800.000 Tonnen direkter CO2-Emissionen jährlich vermieden werden können. Die Gesamtinvestition dürften 1 Milliarde Euro übersteigen.
- Der niederländische Netzbetreiber Tennet will mit Milliardeninvestitionen den Ausbau von Windparks in der Nordsee vorantreiben. Siemens Energy sicherte sich dabei einen Milliardenauftrag. Beide Unternehmen sprechen von einem Meilenstein für die europäische Energiewende.
- In Vision soll die Nordsee zum 'Green Power House' für Europa werden.

Klimagefahren
- Laut dem neuen Report der IEA (Internationalen Energieagentur) ist es immer noch möglich, bis 2050 den CO2-Nettonullpunkt zu erreichen. Diese Einschätzung erfolgt, obwohl die globalen Treibhausgasemissionen in 2022 einen neuen Rekord erreichten, der Verbrauch fossiler Brennstoffe zunahm und die Welt den heißesten Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen erlebte.
Die IEA erfordert jedoch unverzögert eine Verdreifachung der Kapazität der Erneuerbaren Energien bis zum Ende dieses Jahrzehnts und eine Erhöhung der Investitionen in Grüne Energien auf weltweit 4,5 Billionen(!) Dollar jedes Jahr für die nächsten 8 - 10 Jahre.
- Die Investitionen in erneuerbare Energien müssen vervierfacht werden, um die Klimaziele von Paris zu erreichen.
Die IRENA (International Renewable Energy Agency) hat berechnet, dass sich die weltweiten Investitionen in Technologien zur Energiewende auf 5 Billionen jährlich vervierfachen müssten, um den Temperaturanstieg auf +1,5 °C zu begrenzen. Täte man das nicht, käme das unsagbar teurer mit katastrophalen Folgen.
Laut UN ist kein „glaubwürdiger Weg“ beschritten, um den Anstieg der globalen Temperaturen bis 2040 auf 1,5°C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Beim derzeitigen Kurs werden sie bis 2050 um 2,8°C ansteigen.
- Während sich Dürren und Waldbrände in Asien, Australien und Europa häufen, wird in Afrika mit mehr Überschwemmungen gerechnet. Neben den menschlichen sind auch die wirtschaftlichen Folgen enorm und um ein Vielfaches höher, als bisher angenommen. El Niño wird der Welt Billionen an Euro kosten!
- Die Europäische Union verschärft ihre Ziele für die erneuerbaren Energien erneut. Die EU ist dabei die Zielschwelle für den Anteil der Energieerzeugung aus Erneuerbaren bis 2030 von 32% auf 42,5 % anzuheben. Das gleiche %-Anteilsziel wird für die Wasserstofferzeugung aus Erneuerbarer Energie gesetzt.
- Auch der Weltklimarat schlug mit seinem jüngsten Bericht Alarm hinsichtlich einer unbestreitbar beschleunigten Klimaerwärmung. Demnach könnte eine Erderwärmung um 1,5 Grad bei aktueller Entwicklung bereits bis 2030 erfolgen. Bislang hatte man damit erst etwa zehn Jahre später gerechnet. Dieses ist weder umkehrbar noch stoppbar. Diese Prozesse können mit größten Anstrengungen lediglich verlangsamt werden.
Und statt zu sinken, steigen die globalen CO2-Emissionen. Die globale Erwärmung schreitet noch schneller voran als vorausberechnet. Deren Folgen werden verheerend(!) ausfallen.
- Die Menschheit ist auf dem unverantwortlich kritischen Weg, bis zum Jahr 2030 doppelt so viel an fossilen Brennstoffen zu verbrennen, wie verkraftbar wäre um die Erderwärmung unter +1,5 ° C zu halten. Auch diese Zahl wird bereits gravierende und umwälzende Folgen für das globale Ökosystem mit sich bringen. Diese Auswirkungen sind absolut unumkehrbar und niemals wieder gutzumachen. "Wir sind in einem tiefen Loch - und wir müssen sofort aufhören zu graben", beschwört das unabhängige Stockholm Environment Institute (SEI).

Gas-Lieferströme in Europa
US Öllagerbestände
Das Chart zeigt mit der blauen Kurve die Entwicklung der US Öllagerbestände im aktuellen Jahr. Das ist zum grauen Band in Relation gesetzt. Dieses Band ist der Variationsbereich an Beständen in den letzten fünf Vorjahren.
Der Ölmarkt in den USA ist der wichtigste nationale Ölmarkt, mit großem Abstand vor China. Die USA verbrauchen rund 19 Mio. Barrel an Öl pro Tag. Mit der NYMEX ist in New York die wichtigste Rohstoffbörse platziert. Außerdem stehen für den US Ölmarkt sehr detaillierte Daten zu Verfügung. Wöchentlich werden gesicherte Zahlen über die jüngsten Entwicklungen von Ölfördermenge, Ölverbrauch, Importen und Exporten präsentiert und von Analysten bewertet. Aus diesen Gründen hat die jeweilige Entwicklung am US Ölmarkt großen Einfluss auf die globale Ölpreisentwicklung.
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